ArtJunk
No. 29—2025

Missings: From Baikal to Heaven Lake, from Manchuria to Kailong Temple

Mooni Perry

Info: Creating by losing, was im Deutschen sinngemäß als Gewinn im Verlust übersetzt werden kann, ist eine Aussage der Künstlerin Mooni Perry, die mich seit unserem ersten Gespräch begleitet. Damals ging es um das Erzählen, Tradieren und Aneignen von Geschichte(n), und um die Erkenntnis, dass kein Narrativ jemals vollständig abgebildet werden kann. Ein Text, eine Philosophie, ein Mythos, eine Praxis oder eine Idee unterlaufen in Anbetracht ihrer zeitspezifischen Kontexte stets Veränderungen, münden in einer Vielzahl von Variationen. Mooni Perry (*1990 Seoul, Südkorea) zeichnet diese Verschiebungen in ihrer neuen Ausstellung im Westfälischen Kunstverein ausgehend von Überlegungen zur daoistischen Philosophie nach. Denn hier lässt sich gut nachvollziehen, inwiefern jede Form der Kultur, Kommunikation oder Philosophie schon immer aus der Aneignung einer anderen entstanden ist. Historisch gesicherte Ursprungsgeschichten sind dabei für die Künstlerin weniger von Interesse als vielmehr die Erkenntnis, dass die Philosophie des Daoismus eng mit dem Buddhismus und dem Konfuzianismus verwoben ist und je nach geografischem und kulturellem Raum anderen Lesarten unterzogen wird. Während der Daoismus in manchen Teilen Ostasiens heute immer stärker politisch vereinnahmt wird, erfährt dieser andernorts weitere Interpretationen. Für ihre Ausstellung musste sich Mooni Perry auf ihrer mehrmonatigen Reise in China, Taiwan und Deutschland also immer wieder die Frage stellen: Welche Geschichte möchte ich erzählen? (…)