ArtJunk
No. 29—2025

Erst die Knospe, dann der Rest

Alex Müller

Info: Wenn man etwas in die Welt setzen möchte – und dieser Schwellenmoment ist, wie alle Künstler wissen, belastend und zwiespältig, was sich in vielfältigen Formen der Kunst widerspiegeln kann –, stellt sich immer die Frage, wo man anfangen soll. Am Anfang, heißt es – aber die Anfänge werden oft erst später überdeutlich, in der unruhigen, überwältigenden Mitte oder an den zerfaserten losen Enden, und es beginnen andere, noch undefinierte Anfänge, Blüten zu treiben. In räumlicher Hinsicht besteht zudem das Dilemma, wo man anfängt: Oben, unten oder im ambivalenten Dazwischen. Diesmal werden wir hinten anfangen, im zweiten Raum von Erst die Knospe, dann der Rest, der ersten Einzelausstellung der Berliner Künstlerin Alex Müller in der Galerie. Dort befindet sich die Textilarbeit Das lässt sich sehen (2024), die vor das hohe, rückseitige Fenster der Galerie gezogen wurde, wo sie den Blick nicht versperrt, sondern filtert. Die Arbeit besteht aus dem weißen Vorhang der Galerie, der vollständig mit einem wiederkehrenden Motiv markiert ist, das – wie an der Wand einer Gefängniszelle – in Gruppen von fünf Strichen Tage anzeigt.

Galerie Norbert Arns Alex Müller ArtJunk